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Psychotherapie

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Therapeut macht sich Notizen während einem Gespräch

Psychotherapie

Essstörungen sind psychische Erkrankungen. Deshalb ist die Psychotherapie der wichtigste Baustein in der Behandlung.

Wörtlich übersetzt bedeutet Psychotherapie „Behandlung der Seele“. Sie unterstützt betroffene Menschen durch Gespräche dabei, veränderbare Ursachen und Auslöser der Essstörung zu bearbeiten. Sie lernen, sich und ihren Körper positiv wahrzunehmen, mit belastenden Gefühlen umzugehen und wieder ein gesundes Verhältnis zum Essen zu entwickeln.    

Die Therapie kann ambulant in Praxen vor Ort, aber auch im Rahmen einer stationären Behandlung in einer Klinik stattfinden.

Behandelnde Fachkräfte

In Deutschland dürfen sich nur Fachkräfte als Psychotherapeutin oder Psychotherapeut bezeichnen, die eine bundesweit festgelegte Ausbildung absolviert haben. Dazu zählen

  • Psychologische Psychotherapeutinnen und -therapeuten
  • Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten
  • Fachärztinnen und -ärzte für Psychiatrie oder Psychosomatik
  • Fachärztinnen und -ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie

Alle genannten Berufsgruppen können die Diagnose und Behandlung seelischer Erkrankungen durchführen. Medikamente gegen psychische Beschwerden, die im Zusammenhang mit Essstörungen auftreten können, dürfen jedoch nur ärztliche Therapeutinnen und Therapeuten verordnen.

Die Erlaubnis zur psychotherapeutischen Tätigkeit haben zudem bestimmte Heilpraktikerinnen oder Heilpraktiker. Art und Umfang der Ausbildung können hier jedoch sehr unterschiedlich sein. Häufig wird eine Behandlung durch diese Fachkräfte von Krankenkassen nicht bezahlt.

Mehrere Datenbanken, die eine bundesweite Suche nach qualifizierten Psychotherapeutinnen und
-therapeuten ermöglichen, finden Sie hier.

Psychotherapie-Verfahren

Für die Behandlung seelischer Erkrankungen gibt es verschiedene Therapieansätze. In der Regel sind Psychotherapeutinnen und -therapeuten auf eine oder mehrere anerkannte Methoden spezialisiert. Nicht alle eignen sich gleichermaßen zur Behandlung von Essstörungen. Auch die Art der Erkrankung und die individuelle Problematik Betroffener spielt beim therapeutischen Vorgehen eine Rolle.

In Deutschland haben sich bei Essstörungen vor allem zwei Verfahren bewährt, deren Kosten von den Krankenkassen übernommen werden.

  • Kognitive Verhaltenstherapie: Kerngedanke ist hier, dass problematische Denk- und Verhaltensmuster erlernt sind und sich wieder verlernen lassen. Zunächst geht es darum, Auslöser für das gestörte Essverhalten bewusst wahrzunehmen. Gemeinsam mit der Therapeutin oder dem Therapeuten üben Betroffene anschließend praktische Strategien ein, um ihre Emotionen zu steuern und sich Schritt für Schritt wieder ein normales Essverhalten anzueignen.

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie: Sie geht davon aus, dass Essstörungen auf einem verdrängten inneren Konflikt in der Vergangenheit beruhen. Ziel ist, diese Ursache zu erkennen und zu verstehen, wie sie das aktuelle Fühlen, Denken und Verhalten beeinflusst. Mit therapeutischer Hilfe arbeiten Betroffene an der Bewältigung ihrer schmerzhaften Erfahrung. Dies führt indirekt auch zur Verbesserung der damit verbundenen Ernährungsproblematik.

Den besten Erfolg bei Kindern und Jugendlichen erzielt die Familienbasierte Therapie (FBT). Bei ihr werden Angehörige intensiv in das Behandlungsgeschehen einbezogen. Das Verfahren ist in Deutschland jedoch noch nicht als Standardmethode etabliert und wird daher in der Regel nicht von den Krankenkassen bezahlt.

Auf die altersgerechte Behandlung Minderjähriger ausgerichtet sind Fachärztinnen und -ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten. Sie gehen auf die besonderen Bedürfnisse und Probleme Heranwachsender ein. Dazu gehört unter anderem, dass Therapiegespräche bei Bedarf zusammen mit Bezugspersonen wie den Eltern geführt werden können.

Ablauf der Behandlung

Für den Erfolg einer Psychotherapie ist entscheidend, dass Betroffene und behandelnde Fachkräfte einen guten Draht zueinander haben. Zudem sollten behandelnde Psychotherapeutinnen und -therapeuten Erfahrungen in der Behandlung von Essstörungen haben.

Grundsätzlich können sich erkrankte Personen und Angehörige bei Verdacht auf eine Essstörung an jede psychotherapeutische Praxis wenden – auch ohne Überweisung. Die erfahrenen Fachkräfte unterstützen dabei, zur jeweiligen Situation passende Behandlungsangebote zu finden.

  • Sprechstunde: Für den Erstkontakt müssen Patientinnen und Patienten zunächst einen Termin in einer psychotherapeutischen Sprechstunde vereinbaren. Das mindestens 50-minütige Vorgespräch beinhaltet eine orientierende Diagnose. Danach entscheidet sich, ob eine Behandlung in der aufgesuchten Praxis prinzipiell möglich ist. Bei Bedarf können kurzfristig weitere Beratungstermine folgen, um praktische Fragen zur Therapie zu klären. Es kann aber auch sein, dass die Fachkraft direkt an andere Einrichtungen verweist, die auf das vorliegende Krankheitsbild spezialisiert sind.
     
  • Probatorische Sitzungen: Vor dem Behandlungsbeginn führt die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut mit Betroffenen zwei bis vier (bei Kindern und Jugendlichen bis zu sechs) Probesitzungen durch. Sie dienen vor allem dazu, sich kennenzulernen und eine vertrauensvolle Therapiebeziehung aufzubauen. Fühlen sich Erkrankte gut aufgehoben, erarbeiten sie gemeinsam mit der psychotherapeutischen Fachkraft einen Behandlungsplan. Er beinhaltet genaue Angaben zur Diagnose, zu den Therapiezielen und zu den vorgesehenen Behandlungsmaßnahmen.
     
  • Therapiebeantragung: Nach den Probesitzungen muss ein Bewilligungsantrag an die Krankenkasse gestellt werden. In der Regel übernimmt das die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut für die Patientin oder den Patienten. Sobald die Behandlung und die Kostenerstattung genehmigt sind, kann die eigentliche Behandlung beginnen.

Eine psychotherapeutische Sitzung dauert 50 Minuten. In welchem Abstand die Gespräche stattfinden, wird individuell vereinbart. Üblich ist ein Termin pro Woche. Dies gibt Patientinnen und Patienten Zeit, in der Behandlung Besprochenes zu bedenken oder Aufgaben zu bearbeiten, die die Psychotherapeutin oder Psychotherapeut ihnen bis zur nächsten Sitzung mit nach Hause gibt.

Eine Psychotherapie kann in Form von Einzel- und Gruppensitzungen erfolgen. Auch eine Kombination aus beidem ist möglich.

Der Umfang und die Länge einer Psychotherapie können von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Essstörungen sind schwerwiegende Erkrankungen. Betroffene benötigen oft Monate, manchmal sogar Jahre, um sie zu überwinden. Üblicherweise sind zunächst 12 bis 80 Sitzungen vorgesehen. Danach kann bei Bedarf eine Verlängerung der Behandlung beantragt werden.

Kosten

In der Regel tragen Krankenkassen alle Kosten für eine Psychotherapie. Voraussetzung dafür ist, dass durchführende Praxen eine Kassenzulassung haben und ein anerkanntes Therapieverfahren anwenden. Die Behandlung in Privatpraxen muss in der Regel selbst bezahlt werden. Beratungsstellen für Essstörungen helfen, Fragen zur Kostenübernahme zu klären.

"Meine Bulimie gab mir Halt. Was habe ich nun? Ich war immer sicher und übernahm die Verantwortung für andere, so stark schien ich zu sein. Ich war der Clown für alle. Diese Rolle gab mir Sicherheit – alle hielten mich für lustig und froh, sie kannten nur diese Seite von mir. Aber hinter dieser Maske lebte die große Trauer, die hat niemand gesehen. In der Therapie habe ich Hoffnung bekommen, Hoffnung auf mein Leben. Diese Hoffnung heißt, dass ich mich getraue, jemandem meine Hand zu geben, der mich zunächst ein Stück führt und dem ich mich anvertrauen lerne. Irgendwie war das immer mein großer Traum, aber eben lange Zeit nur ein Traum."