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Binge-Eating-Störung

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Grauer Hintergrund mit einem großen Fragezeichen

Binge-Eating-Störung

Die Binge-Eating-Störung ist eine ernst zu nehmende psychische Erkrankung, die unbedingt behandelt werden muss. Ihr Name leitet sich vom englischen Begriff „binge eating“ ab, der für exzessives, übermäßiges Essen steht. „Binge“ bedeutet so viel wie „Gelage“.

Menschen mit einer Binge-Eating-Störung leiden unter immer wiederkehrenden Essanfällen. Im Unterschied zur Bulimie versuchen sie jedoch in der Regel nicht, einer Gewichtszunahme durch Maßnahmen wie Erbrechen (Purging) gegenzusteuern.

Kriterien und Symptome

Die Binge-Eating-Störung beginnt meist später als die Magersucht, vorwiegend in der späteren Jugend und im jungen Erwachsenenalter. Von der Krankheit sind Frauen und Männer gleichermaßen betroffen.

  • Das Hauptsymptom einer Binge-Eating-Störung sind regelmäßige Essanfälle. Dabei nehmen Betroffene innerhalb kurzer Zeit deutlich mehr Nahrung zu sich als die meisten Menschen in einer vergleichbaren Situation.
  • Die Essattacken treten unabhängig von Hungergefühlen auf. Manchmal essen Betroffene über Stunden und können anschließend nicht mehr sagen, wann der Anfall begonnen und aufgehört hat.
  • Während der Essattacken verlieren Betroffene die Kontrolle darüber, was und wie viel sie zu sich nehmen. Sie essen oft sehr hastig und hören erst auf, wenn sie sich unangenehm voll fühlen.
  • Menschen mit Binge-Eating-Störung essen nicht mit Genuss. Sie leiden unter ihren Essanfällen, die von negativen Gefühlen begleitet sind. Sie ekeln sie sich häufig vor sich selbst, sind deprimiert oder haben Schuldgefühle. Sie essen alleine und verheimlichen ihr gestörtes Essverhalten vor anderen Personen.
  • Im Gegensatz zur Bulimie greifen von Binge-Eating Betroffene nur selten zu gewichtsregulierenden Mitteln wie Erbrechen, Hungern oder Sport.
  • Die Krankheit kann einen sehr wechselhaften Verlauf haben: Nach Phasen, in denen die Essstörung sehr stark ausgeprägt ist, haben Betroffene oft über Monate hinweg keine Symptome. Aber auch zwischen den Essanfällen kann es zu einem „Überessen“ kommen.

Ursachen und Auslöser

Die Entstehung einer Binge-Eating-Störung ist ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen können. Unterschieden wird dabei zwischen Ursachen und Auslösern, die sich allerdings überlagern können.  

Ursachen sind Risikofaktoren, die zu einer erhöhten Anfälligkeit für Essstörungen beitragen können. Dazu zählen beim Binge-Eating unter anderem

  • biologische und körperliche Einflüsse, zum Beispiel häufiges Diäthalten oder ein erhöhter Body-Mass-Index (BMI),
  • bestimmte Persönlichkeitsmerkmale wie etwa ein niedriges Selbstwertgefühl oder Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper bis hin zu Selbsthass,
  • familiäre Einflüsse, beispielsweise Vorbilder für riskantes Essverhalten oder eine gering ausgeprägte Unterstützung durch andere Menschen

Auslöser dagegen sind Einflüsse, die zum Ausbruch der Krankheit führen bzw. das Auftreten von Essanfällen begünstigen können. Als häufiger Trigger gelten emotionale Probleme, zum Beispiel Einsamkeit, zwischenmenschliche Konflikte oder belastende Ereignisse.

Weitere Informationen zu Ursachen und Auslösern von Essstörungen finden Sie hier.

 „Mit so einem Essanfall stopfe ich das Loch in mir.“

Folgen und Verlauf

Die Essanfälle im Rahmen der Binge-Eating-Störung ziehen meist eine Gewichtszunahme nach sich. Die Mehrzahl der Betroffenen ist daher übergewichtig oder stark übergewichtig (adipös). Ein hohes Körpergewicht kann jedoch viele Gründe haben und spricht nicht automatisch für eine Binge-Eating-Störung. Die Krankheit kann auch bei Menschen mit Normalgewicht auftreten.

Wenn Betroffene durch die übermäßige Nahrungsaufnahme zunehmen und starkes Übergewicht entwickeln, erhöht sich das Risiko für eine Reihe von körperlichen Erkrankungen, beispielsweise für

  • Herz-Kreislauf-Störungen,
  • Diabetes,
  • Rücken- oder Gelenkprobleme.

Die Erkrankung kann Betroffene zudem psychisch und sozial stark belasten:

  • Menschen mit einer Binge-Eating-Störung schämen sich für ihre Essanfälle und versuchen, sie geheim zu halten. Daher ziehen sie sich oft zurück und vernachlässigen ihre sozialen Kontakte und Interessen.
  • Nicht selten treten bei Betroffenen auch weitere psychische Erkrankungen wie eine Depression oder Angststörung auf. Die Essstörung kann diese Probleme verstärken. Umgekehrt können andere psychische Symptome (Komorbiditäten) einen negativen Einfluss auf den Verlauf der Essstörung haben.
  • Die Essanfälle können auch zu finanziellen Schwierigkeiten führen, da regelmäßig große Nahrungsmengen eingekauft werden müssen.

Eine Binge-Eating-Störung kann in besonders schlimmen Fällen tödlich verlaufen. Das Sterberisiko (Mortalität) ist nicht so hoch wie bei einer Magersucht, doch im Vergleich zu Gesunden eindeutig erhöht. Vor allem, wenn zusätzlich eine andere psychische Erkrankung vorliegt, steigt das Risiko für einen Suizid.

„Ich ging in den Supermarkt, nein, lief fast immer, so schnell es nur ging, und hatte ich den Einkaufswagen in der Hand, wurde plötzlich alles mechanisch und ich hatte das Gefühl, neben mir selbst zu stehen und mit mir selbst zu streiten: Nein, tu es nicht, ich will nicht, ich will nicht mehr fressen, ich habe überhaupt keinen Hunger, und die andere Stimme sagte: Du tust es doch, weil du musst, weil du ein Versager bist. Ich war bei diesem Wortspiel immer ganz weggetreten und legte dabei ein Lebensmittel nach dem anderen in den Wagen.“

Behandlung

Eine Binge-Eating-Störung ist eine Krankheit, die häufig schwer belastet und behandelt werden muss. Dennoch zögern viele Betroffene aus Scham und Angst vor Stigmatisierung, sich professionelle Hilfe zu suchen. Dabei kann eine frühzeitige Therapie die Symptome der Essstörung deutlich lindern oder eine Heilung bewirken.

In der Behandlung geht es darum, die Auslöser für die Essanfälle zu erkennen und ihr Auftreten zu vermeiden. Zudem soll ein gesundes und regelmäßiges Essverhalten aufgebaut werden. Bei übergewichtigen Patientinnen und Patienten kann auch eine Gewichtsabnahme eine Rolle spielen.

Wie eine Binge-Eating-Störung behandelt wird, ist unter anderem abhängig davon, wie schwer die Erkrankung ausgeprägt ist. Möglich ist

Trotz einer erfolgreichen Behandlung kann es zu Rückfällen kommen. Eine längerfristige Begleitung im Rahmen der Nachsorge ist daher bei der Therapie der Binge-Eating-Störung wichtig.

Zu Möglichkeiten der Behandlung können Betroffene und Angehörige sich in einer fachkundigen Beratung informieren. Sie gibt Orientierung und ist oft der erste Schritt aus der Erkrankung.